Vogelwarte

Vogelwarte Sempach

Was bedeutet es, in der Schweiz als Vogel geboren zu werden? Neugierig betrete ich das lichtdurchflutete Besuchszentrum der Schweizerischen Vogelwarte in Sempach. Grosse Volieren mit exotischen Vogelarten suche ich vergebens. Die Arbeit der rund 120 Angestellten und über 2'000 Freiwilligen geschieht nämlich auf dem Feld und im Stillen – hier wird beobachtet, geforscht, gepflegt, aufgeklärt, sensibilisiert, vermittelt. Gespannt begebe ich mich auf Entdeckungsreise.

Als Vogel unterwegs

Das offene Ei der Ausstellung zieht mich in seinen Bann. Ich werde beringt und tauche in mein Vogelleben ein. Frisch geschlüpft finde ich mich in einem riesigen Vogelnest wieder. Mithilfe meines Rings lausche ich Vogelstimmen, erfahre, wie ein Nest einer Mönchsgrasmücke, einer Kohlmeise oder einer Bachstelze aussieht und warum manche Eier gesprenkelt sind. Das Zuordnen verschiedener Eier zu den richtigen Vogelarten gelingt mir nur mit Glück. Ich erfahre, dass mein Speiseplan durch die Form meines Schnabels quasi schon vorgegeben ist: Mäuse und Käfer schmecken mir vorzüglich! Doch dann beginnt der Ernst des Vogellebens: Hochspannungsleitungen, Klimawandel, Fensterscheiben, Mäher, Füchse und anderes mehr – die Gefahren sind vielfältig und stimmen mich nachdenklich. Dafür sind wir mit etwas Einzigartigem ausgestattet, das uns ermöglicht, abzuheben und das Treiben auf der Erde aus angenehmer Distanz zu beobachten: Unser Federkleid. Glänzend, wärmend, schützend – ein wahres Wunderwerk. Um fliegen zu können, habe ich zudem einen speziellen Körperbau, leichte Knochen und einen Hochleistungsstoffwechsel. Am Ende des lehrreichen Rundgangs werfe ich den Ring mit meinen aufgezeichneten persönlichen Interessen ein und erfahre erstaunt: Ich bin ein Weissstorch!

‹Heute nehme ich Geräusche und Vogelstimmen bewusster wahr...›

Sehen, hören und staunen

In der «Vogelschau» nehmen mich die exklusiven Bilder des Dokumentarfilmers Marc Tschudin mit auf eindrückliche Flugreisen und geben Einblick in die Lebensgewohnheiten von Schweizer Vogelarten. Was ich dabei erlebe, ist erstaunlich, eindrücklich, ja manchmal auch lustig. «Der 40-minütige Film zeigt unsere Freude und Begeisterung an diesen besonderen Lebewesen», sagt der Leiter des Besuchszentrums Felix Tobler. Warum Vogelmännchen überhaupt singen und wie musikalisch Vogelgesang sein kann, erfahre ich im mechanischen Theater der «Singfonie». Vogelstimmen faszinieren auch Tobler: «Heute nehme ich Geräusche und Vogelstimmen bewusster wahr und nutze vermehrt mein Gehör. Damit hat sich mir eine ganz neue Welt aufgetan.»